Mundartforschung

Projektleiter: Dr. Hans Gehl
Projekt: Donauschwäbische Mundartforschung
Übersicht
Das Projekt "Donauschwäbische Mundartforschung" untersucht die sprachlichen Erscheinungsformen der Donauschwaben im Bereich der städtischen Umgangssprachen und der Sprache des donauschwäbischen Handwerks, der Landwirtschaft und sprachliche Interferenzen mit dem Ziel, Fachwörterbücher und einen Wortatlas zu erstellen. Studien zur sprachlichen Integration der ausgesiedelten Donauschwaben bilden einen weiteren Forschungsgegenstand.
Aufgrund der finanziellen Vorgaben hat sich das Projekt zum Ziel gesetzt, mit Hilfe der modernen Technik in einem deutlich kürzerer Zeitraum als vergleichbare Vorhaben den Fachwortschatz einer Sprechergemeinschaft zu erheben und zu veröffentlichen. Durch die volkskundlichen und technischen Erläuterungen wird mit dem Fachwortschatz gleichzeitig ein kulturelles und historisch-technischen Wissen für eine zukünftige Verwendung aufbewahrt. Strukturmerkmale dieser Fachsprachen zeigen exemplarisch, wie sich das Zusammentreffen von Sprechern unterschiedlichster Herkunft auf die Sprache auswirken kann.
Bis Ende 1996 sollen die Arbeiten am Fachwortschatz der donauschwäbischen Bekleidungsgewerbe beendet werden, um anschließend den Handwerkerwortschatz des Bauwesens erarbeiten zu können.

Forschungsbericht 1995
Gemäß der Arbeitsplanung des Projektes Donauschwäbische Mundartforschung vom 5. Dezember 1994 wurde im Laufe des Jahres vorrangig der Fachwortschatz der Handwerker und der Landwirtschaft erfaßt und bearbeitet. Die Arbeit umfaßte folgende Schwerpunkte:

a) Die Materialbasis wurde durch Tonaufnahmen zu den Themen: Fachwortschatz der Handwerker in den Baugewerben und Wortschatz der Landwirtschaft bei Gewährsleuten in der Bundesrepublik, in Ungarn und Rumänien ergänzt, wobei repräsentative Aussagen für den jeweiligen Fachwortschatz aufgenommen wurden.
Vom 17. Mai bis zum 9. Juni 1995 unternahm Dr. Gehl eine Feldforschungsreise nach Rumänien und Ungarn mit den Zielen, Tonaufnahmen bei donauschwäbischen Mundartsprechern zu machen und mit Fachkollegen in Rumänien und Ungarn über gemeinsame bzw. verwandte Forschungsziele zu sprechen. Während dieser Zeit konnte ich die vorgegebenen Ziele erfüllen. Mit Unterstützung bewährter Ansprechpartner aus Satu Mare/Sathmar, PΘcs/Fünfkirchen und Budapest konnte ich geeignete Mundartsprecher in den umliegenden Ortschaften besuchen und zu den anstehenden Fachbereichen folgende Tonaufnahmen machen:

Anzahl der Ortschaften / Sprecher
Ungarisches Mittelgebirge 5 / 7
Schwäbische Türkei 4 / 7
Batschka 2 / 5
Banat 1 / 2
Sathmar 7 / 18
Insgesamt 19 / 39

Anzahl der Themen / Tonkassetten
Ungarisches Mittelgebirge 13 / 7
Schwäbische Türkei 13 / 7
Batschka 6 / 5
Banat 2 / 1
Sathmar 11 / 5
Insgesamt 45 / 25

Zusammen mit den Tonaufnahmen bei Gewährsleuten in Bundesrepublik Deutschland ergaben dies 39 erfaßte Lokalmundarten, 72 befragte Sprecher und 76 Interviews auf 45 Tonkassetten zu je einer Stunde Aufnahme. Alle Tonaufnahmen und weitere Einsendungen von Gewährspersonen wurden in das 320 Kassetten umfassende Tonarchiv des Mundartprojektes eingeordnet und thematisch aufgenommen.

b) Mit Fachkollegen von der Universität Timischoara/Temeswar und vom Forschungsinstitut der Rumänischen Akademie der Wissenschaften in Timischoara/Temeswar wurde nach dem Erscheinen der Publikation "Interferenzen in den Sprachen und Dialekten Südosteuropas" (= Materialien 4) die Fortsetzung der Zusammenarbeit im Bereich des gemeinsamen Forschungsvorhabens Deutsch-rumänische Sprachbeziehungen vereinbart. Die Gespräche und Beratungen wurden während des Dokumentationsaufenthalts von Dr. Maria Sitaru-Purdela in Tübingen fortgesetzt. Dr. Sitaru-Purdela hielt sich vom 21. Juni bis zum 3. Juli 1995 mit einer Projektförderung durch die Donauschwäbische Kulturstiftung des Landes Baden-Württemberg in Tübingen auf. Hauptziel der Dokumentationsreise war die Erarbeitung (zusammen mit der Temeswarer Wisseschaftlerin Livia Vasiluta) der Untersuchung: Kriterien zur Bestimmung der dialektalen bairisch-österreichischen und donauschwäbischen Lehnwörter im Rumänischen und in den Banater rumänischen Dialekten. Dieser Aufsatz wird in seiner endgültigen Fassung sowohl in der rumänischen Fachzeitschrift Studii schi cercetari lingvistice (Zeitschrift für linguistische Forschungen) als auch deutsch in einer Ausgabe der Zeitschrift Banatica. Beiträge zur deutschen Kultur erscheinen und wird zur Verbesserung der Arbeitsmethoden der rumänischen Lexikographie beitragen. Der Öffentlichkeit wurde in der Allgemeinen deutschen Zeitung für Rumänien, Bukarest, über die Ergebnisse der Dokumentationsreise und über die weiteren Vorhaben der Zusammenarbeit im Bereich der Sprachinterferenzen in Südosteuropa zwischen dem Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen und dem Forschungszentrum Timischara/Temeswar der Rumänischen Akademie der Wissenschaften (Institut de Cercetari Socio-Umane) berichtet.

c) Beim Besuch von Dr. Matthias Buth (Bundesministerium des Innern) am Institut wurde am 9. Mai 1995 die Beendigung der Projektförderung durch das BMI spätestens am 31. Dezember 1997 angekündigt und eine Publikation als Abschluß des Projektes angeregt. In der am 20. Juli 1995 vorgelegten Arbeitsplanung des Projektes für 1996 und 1997 wurde die Erarbeitung und Publikation des Bandes Fachwortschatz der donauschwäbischen Bekleidungsgewerbe festgelegt. Diesem Ziel widmeten sich im zweiten Halbjahr 1995 der Projektleiter Dr. Hans Gehl, die wissenschaftliche Mitarbeiterin Heike Gloning und die studentischen Hilfskräfte vorrangig. Die transkribierten und in WinWord konvertierten Texte zu den untersuchten Gewerben wurden lemmatisiert und in die Wörterbuchdatenbank eingegeben. Zusätzliche Kurzbefragungen zu unklaren Termini wurden durch schriftliche Befragungen von ausgewählten Gewährspersonen durchgeführt. Die Teilausdrucke nach Fachbereichen und PC-Eingabe (A-K bzw. L-Z) wurden lektoriert und anschließend korrigiert und ergänzt. Die Eingabe der rund 4000 Wörterbuchartikel erfolgte bis zum Jahresende 1995, worauf in der ersten Jahreshälfte 1996 das Verlagsmanuskript weiter bearbeitet wird.

Eine Stellungnahme der germanistischen Beiratsmitglieder des Instituts, Prof. Wolfgang Kleiber und Dr. Rudolf Post vom 5. Mai 1995 zur Projektarbeit und seinen Perspektiven wurde Dr. Buth am 9. Mai 1995 überreicht. Eine weitere Stellungnahme zum Wörterbuchmanuskript wird von der Expertenkonferenz im April 1996 erwartet.


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