Forschungsbericht 1995
Gemäß der Arbeitsplanung des Projektes Donauschwäbische
Mundartforschung vom 5. Dezember 1994 wurde im Laufe des Jahres vorrangig
der Fachwortschatz der Handwerker und der Landwirtschaft erfaßt und
bearbeitet. Die Arbeit umfaßte folgende Schwerpunkte:
a) Die Materialbasis wurde durch Tonaufnahmen zu den Themen: Fachwortschatz
der Handwerker in den Baugewerben und Wortschatz der Landwirtschaft bei
Gewährsleuten in der Bundesrepublik, in Ungarn und Rumänien
ergänzt, wobei repräsentative Aussagen für den jeweiligen
Fachwortschatz aufgenommen wurden.
Vom 17. Mai bis zum 9. Juni 1995 unternahm Dr. Gehl eine Feldforschungsreise
nach Rumänien und Ungarn mit den Zielen, Tonaufnahmen bei
donauschwäbischen Mundartsprechern zu machen und mit Fachkollegen in
Rumänien und Ungarn über gemeinsame bzw. verwandte Forschungsziele
zu sprechen. Während dieser Zeit konnte ich die vorgegebenen Ziele
erfüllen. Mit Unterstützung bewährter Ansprechpartner aus
Satu Mare/Sathmar, PΘcs/Fünfkirchen und Budapest konnte ich geeignete
Mundartsprecher in den umliegenden Ortschaften besuchen und zu den anstehenden
Fachbereichen folgende Tonaufnahmen machen:
Anzahl der Ortschaften / Sprecher
Ungarisches Mittelgebirge 5 / 7
Schwäbische Türkei 4 / 7
Batschka 2 / 5
Banat 1 / 2
Sathmar 7 / 18
Insgesamt 19 / 39
Anzahl der Themen / Tonkassetten
Ungarisches Mittelgebirge 13 / 7
Schwäbische Türkei 13 / 7
Batschka 6 / 5
Banat 2 / 1
Sathmar 11 / 5
Insgesamt 45 / 25
Zusammen mit den Tonaufnahmen bei Gewährsleuten in Bundesrepublik Deutschland ergaben dies 39 erfaßte Lokalmundarten, 72 befragte Sprecher und 76 Interviews auf 45 Tonkassetten zu je einer Stunde Aufnahme. Alle Tonaufnahmen und weitere Einsendungen von Gewährspersonen wurden in das 320 Kassetten umfassende Tonarchiv des Mundartprojektes eingeordnet und thematisch aufgenommen.
b) Mit Fachkollegen von der Universität Timischoara/Temeswar und vom Forschungsinstitut der Rumänischen Akademie der Wissenschaften in Timischoara/Temeswar wurde nach dem Erscheinen der Publikation "Interferenzen in den Sprachen und Dialekten Südosteuropas" (= Materialien 4) die Fortsetzung der Zusammenarbeit im Bereich des gemeinsamen Forschungsvorhabens Deutsch-rumänische Sprachbeziehungen vereinbart. Die Gespräche und Beratungen wurden während des Dokumentationsaufenthalts von Dr. Maria Sitaru-Purdela in Tübingen fortgesetzt. Dr. Sitaru-Purdela hielt sich vom 21. Juni bis zum 3. Juli 1995 mit einer Projektförderung durch die Donauschwäbische Kulturstiftung des Landes Baden-Württemberg in Tübingen auf. Hauptziel der Dokumentationsreise war die Erarbeitung (zusammen mit der Temeswarer Wisseschaftlerin Livia Vasiluta) der Untersuchung: Kriterien zur Bestimmung der dialektalen bairisch-österreichischen und donauschwäbischen Lehnwörter im Rumänischen und in den Banater rumänischen Dialekten. Dieser Aufsatz wird in seiner endgültigen Fassung sowohl in der rumänischen Fachzeitschrift Studii schi cercetari lingvistice (Zeitschrift für linguistische Forschungen) als auch deutsch in einer Ausgabe der Zeitschrift Banatica. Beiträge zur deutschen Kultur erscheinen und wird zur Verbesserung der Arbeitsmethoden der rumänischen Lexikographie beitragen. Der Öffentlichkeit wurde in der Allgemeinen deutschen Zeitung für Rumänien, Bukarest, über die Ergebnisse der Dokumentationsreise und über die weiteren Vorhaben der Zusammenarbeit im Bereich der Sprachinterferenzen in Südosteuropa zwischen dem Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen und dem Forschungszentrum Timischara/Temeswar der Rumänischen Akademie der Wissenschaften (Institut de Cercetari Socio-Umane) berichtet.
c) Beim Besuch von Dr. Matthias Buth (Bundesministerium des Innern) am Institut wurde am 9. Mai 1995 die Beendigung der Projektförderung durch das BMI spätestens am 31. Dezember 1997 angekündigt und eine Publikation als Abschluß des Projektes angeregt. In der am 20. Juli 1995 vorgelegten Arbeitsplanung des Projektes für 1996 und 1997 wurde die Erarbeitung und Publikation des Bandes Fachwortschatz der donauschwäbischen Bekleidungsgewerbe festgelegt. Diesem Ziel widmeten sich im zweiten Halbjahr 1995 der Projektleiter Dr. Hans Gehl, die wissenschaftliche Mitarbeiterin Heike Gloning und die studentischen Hilfskräfte vorrangig. Die transkribierten und in WinWord konvertierten Texte zu den untersuchten Gewerben wurden lemmatisiert und in die Wörterbuchdatenbank eingegeben. Zusätzliche Kurzbefragungen zu unklaren Termini wurden durch schriftliche Befragungen von ausgewählten Gewährspersonen durchgeführt. Die Teilausdrucke nach Fachbereichen und PC-Eingabe (A-K bzw. L-Z) wurden lektoriert und anschließend korrigiert und ergänzt. Die Eingabe der rund 4000 Wörterbuchartikel erfolgte bis zum Jahresende 1995, worauf in der ersten Jahreshälfte 1996 das Verlagsmanuskript weiter bearbeitet wird.
Eine Stellungnahme der germanistischen Beiratsmitglieder des Instituts, Prof. Wolfgang Kleiber und Dr. Rudolf Post vom 5. Mai 1995 zur Projektarbeit und seinen Perspektiven wurde Dr. Buth am 9. Mai 1995 überreicht. Eine weitere Stellungnahme zum Wörterbuchmanuskript wird von der Expertenkonferenz im April 1996 erwartet.